Regeln Skispringen
Skispringen, auch Sprunglauf oder Spezialsprunglauf genannt, ist eine Einzelsportart, die Mut und Nervenstärke verlangt. Immerhin müssen sich die Sportler und Sportlerinnen ausschließlich auf die Tragfähigkeit eines Luftpolsters verlassen. Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit stürzen sich die Sportler auf speziellen Sprungskiern eine Sprungschanze hinunter, um möglichst weit zu springen. Dazu versuchen die Skispringer ab ihrem Start von der Rampe möglichst viel Tempo zu gewinnen, möglichst zum optimalen Zeitpunkt am Schanzentisch abzuheben und möglichst weit zu springen. Eine Jury vergibt Punkte, wobei neben Weite auch Stil und Haltung eine Rolle spielen und neuestens ebenso der Wind.
Abhängig von der Schanzengröße gibt es die Normal- und die Großschanzenbewerbe. Durch die auf den Großschanzen erzielten Weiten spricht man dort auch vom Skifliegen. Das Skispringen ist zwar eine typische Wintersportart, es gibt seit einiger Zeit jedoch auch Wettbewerbe im Sommer. Bei diesem sogenannten Mattenspringen dienen spezielle Kunststoffmatten als Schneeersatz, welche ähnliche Eigenschaften wie Schnee aufweisen. Eine eigene spezielle Disziplin mit eigenen Regeln ist die sogenannte Nordische Kombination mit Skispringen und Skilanglauf.
Skispringen als Bewerb unter Soldaten in Norwegen kann bereits Ende des 18. Jahrhunderts nachgewiesen werden. 1882 stiftete die königliche Familie Norwegens den Royal Cup für Skispringen am berühmten Holmenkollen. Norweger, die nach Europa und Nordamerika ausgewanderten, verbreiteten auch diese Sportart. Skispringen ist zwar relativ weit verbreitet, jedoch kein Breitensport, da gefährlich und technisch anspruchsvoll. Außerdem ist der Unterhalt der Schanzen und das Material für den Skispringer recht kostspielig.
Das internationale und europaweite Skispringen begann im österreichischen Mürzzuschlag 1891, als dort von einem verschneiten Misthaufen gesprungen wurde. 1924 wurde Skispringen eine olympische Disziplin bei den ersten offiziellen Winterspielen in Chamonix. Der Großschanzenbewerb wurde in Innsbruck 1964 eingeführt, das Mannschaftsspringen in Calgary 1988. Seit 2014 ist auch Frauen-Skispringen Teil der Olympischen Spiele.
Voraussetzungen und Ausrüstung
Die Sprungschanzen sind in die Kategorien Normalschanze und Großschanze eingeteilt. Entscheidend dabei sind die Hügelhöhe (Hillsize), der Normpunkt und der K-Punkt.
Der Normpunkt ist der Abstand zwischen dem Absprungpunkt und dem sogenannten K-Punkt. Zugleich ist es jene Weite, die von den Springern gefahrlos erreicht werden kann.
Der Konstruktionspunkt, K-Punkt, K-Point oder kritische Punkt bezeichnet jene Stelle, an welcher die Neigung des Sprunghügels flacher wird. Der K-Punkte wird in der Regel durch eine rote Linie markiert. Dadurch nimmt allerdings auch die Gefahr von Stürzen zu. Dieser K-Punkt spielt auch bei der Punktebewertung eine Rolle.
Eine Normalschanze weist üblicherweise einen Normpunkt zwischen 75 und 99 Metern und eine Hügelhöhe zwischen 85 und 109 Metern auf. Bei der Großschanze liegt der Normpunkt bei 120 Metern. Eine Schanze mit einer Hillsize von mindestens 185 Metern und einem Konstruktionspunkt von mindestens 145 Metern gilt als Skiflugschanze. Schanzen mit geringeren Dimensionen gelten als Normalschanze. Die meisten Skispringer sind auch in allen Disziplinen auf beiden Schanzengrößen aktiv.
Ausrüstung
Die Wettkampfausrüstung für Skispringer unterliegt strengen Regeln und an Bewerben teilnehmen dürfen nur jene, deren Ausrüstung den offiziellen Bestimmungen entspricht. Der Begriff Ausrüstung betrifft sowohl die Kleidung (Anzug, Helm, Brille, Handschuhe, Sprungschuhe) als auch die Skier mit Spezialbindung sowie sonstige technische Funktionen. Neue Entwicklungen geben müssen durch den Internationalen Skiverband (FIS) genehmigt werden.
Bei den speziellen Sprungskiern ist die Skilänge wichtig. Diese muss gegebenenfalls gekürzt werden, sollte ein Springer einen Body-Mass-Index von 20 unterschreitet. Seit 2011 ist ein Body-Mass-Index von mindestens 20,5 inklusive Anzug und Schuhe für das Ausnutzen der vollen Skilänge nötig. Der Grund ist, dass sehr leichte Springer grundsätzlich länger in der Luft bleiben können. Zudem ist das Tragen einer Startnummer Pflicht.
Die einteiligen Sprunganzüge haben festgelegte maximale Luftdurchlässigkeitswerte (30 bis 40 Liter pro Minute), das Material ist üblicherweise ein Chintz-Stoff, der 3 bis 5 Millimeter dick sein muss. Es gibt auch spezielle Anzüge für Rücken- oder Gegenwindsituationen. Zu Saisonbeginn werden die Anzüge vermessen und „verplombt“. Die Beschaffenheit der Unterwäsche ist inzwischen ebenfalls vereinheitlicht und vorgeschrieben. Die FIS führt auch stets Stichprobenkontrollen bei Bewerben durch. Alle Sportler sind selbst dafür verantwortlich, die reguläre Ausrüstung zu gewährleisten. Bei Verstößen gibt es Strafen, die schlimmstenfalls den Entzug der Bewerbsakkreditierung beinhalten können.
Sprungstile
Voraussetzungen für die Sportler und Sportlerinnen sind neben der Statur auch Nervenstärke und ein gutes Körpergefühl. Trainiert wird neben der Sprungkraft auch die korrekte Technik für Schanzenfahrt, Absprung und Landung.
Die Skispringer starten am Balken an der Schanzenspitze, fahren in einer vorgegebenen und speziell präparierten Spur in Hockhaltung, Arme nach hinten, die Sprungschanze herunter. Dabei lassen sich Geschwindigkeiten von 90 bis 110 km/h erreichen. Abgesprungen wird, sobald die Kante der Schanze erreicht wird und die Springer versuchen, den Flug so weit wie möglich zu ziehen.
Im Lauf der Zeit gab es unterschiedliche Stile. Anfänglich wurden die Skier beim Absprung parallel und die Arme nach vorne gestreckt gehalten. Die Parallelhaltung mit Armen an den Körperseiten war lange Standard bei den Bewerben, ehe sich in den 1990er Jahren der sogenannte V-Stil etablierte. Hierbei werden die Skier in der Flugphase in einer V-Stellung gehalten, der Körper ist nach vorne gebeugt und angespannt und die Arme werden parallel zum Körper geführt. Mit dieser Technik lassen sich auch die höchsten Weiten erzielen.
Telemark-Landung
Da die ersten Skisprungbewerbe meist von Bewohnern der Provinz Telemark in Norwegen abgehalten wurden, nennt sich die perfekte und geforderte Art der Landung nach wie vor „Telemark“. Hierbei muss der Sportler beim Aufsetzen einen Ausfallschritt machen und dabei leicht in die Knie gehen.
Die Wettbewerbsregeln
Beim Skisprung-Wettkampf gibt es Einzelbewerbe und Teambewerbe und jeweils zwei Durchgänge. Eine Mannschaft besteht aus vier Springern, von denen drei gewertet werden. Die Jury, bestehend aus meist fünf Wertungsrichtern aus unterschiedlichen teilnehmenden Nationen, errechnen aus Weite und Haltungsnoten die Gesamtnote: Diese Punktezahl ist für die Platzierung im Tagesbewerb maßgebend, diese Platzierungen bestimmen auch das Ranking im Weltcup. Ausschlaggebend ist vorwiegend die erzielte Weite, aber auch auf die Sprunghaltung und auf eine elegante Telemark-Landung wird Wert gelegt.
Die bekanntesten und beliebtesten Skisprung-Bewerbe sind die Skiflug-WM und die Vierschanzentournee.
Punktebewertung
Die Springer bekommen zwei extra Punkte pro Meter, den sie über die K-Linie fliegen und verlieren zwei Punkte pro Meter, den sie dahinter bleiben. Wenn sie direkt auf der Linie landen, bekommen die olympischen Teilnehmer in der Regel 60 Punkte.
Bei der Großschanze muss der Abstand zum K-Point mehr als 100 Meter und Hügelhöhe mehr als 110 Meter betragen. Ein Springer bekommt 1,8 Punkte pro Meter, der über die Linie geflogen wird beziehungsweise 1,8 Punkte pro Meter Abzug, wenn er hinter der Linie landet.
Zusätzlich kommt es auch auf die Haltung während des Flugs, die korrekte Landung und seit 2010 auf die vorherrschenden Windbedingungen an. Für die Haltung können maximal 20 Punkte vergeben werden. Von den fünf Jurybewertungen werden die beste und die schlechteste Punktezahl gestrichen und drei bleiben übrig. Ein Springer kann also maximal 60,0 Punkte in einem Durchgang erreichen.
Bei einem Bewerb gibt es meistens einen Qualifikationssprung und danach zwei Wertungssprünge. Die besten 50 der Qualifikation nehmen an der ersten Wertung teil, die 30 besten des ersten Wertungssprungs dürfen am zweiten Durchgang teilnehmen. Der Springer mit den meisten Punkten gewinnt am Ende das Springen oder den Wettbewerb.
Regeln für Einzelbewerbe beim Skispringen
Der individuelle Wettbewerb beginnt mit einem Qualifikationsspringen mit Punktebewertung und danach folgen zwei Hauptdurchgänge für die besten 50 Springer der Qualifikation. Den Springern werden auch Partner zugelost, gegen welche sie im ersten der beiden Durchgänge antreten.
Die daraus resultierenden 25 Sieger und die sogenannten „Lucky Losers“ (die besten letzten fünf der Qualifikation) kommen dann in die zweite Runde. Sollte diese wetterbedingt ausfallen, zählt das Ergebnis des ersten Durchgangs als finale Entscheidung.
Die bis 2017 geltende Regelung, dass die besten 10 Springer im Weltcup nicht an der Qualifikation teilnehmen müssen, gilt nun nicht mehr.
Regeln für Teamwettbewerbe
Der Teamwettbewerb findet stets auf der Großschanze statt mit Teams aus den verschiedenen Ländergruppen, bestehend aus jeweils vier Teammitgliedern. Gewertet werden zwei Runden. Nach der ersten Runde qualifizieren sich die besten Acht für die Finalrunde, in welcher die Teilnehmer in umgekehrter Reihenfolge ihrer Platzierung antreten. Das Gesamtergebnis wird aus den gesammelten Punkten aller Teammitglieder errechnet.
Frauen-Skispringen
Obwohl es in den Mannschaften von Kindern und Jugendlichen immer auch Mädchen gegeben hat, kam es erst ab 2002 zur offiziellen Anerkennung von Frauen im Skispringersport. Die FIS richtete in der Saison 2003/04 einen ersten offiziellen Frauen-Sprungwettbewerb im Rahmen der Junioren-Weltmeisterschaft in Stryn (Norwegen) aus. Im Jahr 2009 kam es im Rahmen der Nordischen Skiweltmeisterschaft eine erste offizielle Frauen-Skisprung-Weltmeisterschaft und 2006 die erste offizielle Junioren-Weltmeisterschaft für Frauen ausgetragen. Bei den darauffolgenden Weltmeisterschaften wurde auch das Frauen-Mannschaftsspringen eingeführt. Skispringen für Frauen auf der Normalschanze ist seit 2014 olympische Disziplin.
Beim Mannschaftsspringen im Weltcup gibt es neuerdings auch gemischte Mannschaften aus Männern und Frauen. 2012 gab es diese Mixed-Wettbewerbe erstmals in Courchevel und in Lillehammer als Weltcupspringen.