Die Legende um Larry Flynt
Am 10. Februar dieses Jahres verstarb der berühmt berüchtigte Verlagsgründer des pornografischen Herrenmagazins ‚Hustler‘ im Alter von 78 Jahren in Los Angeles. Larry Flynts spektakulärer Lebensweg aus ärmlichen Verhältnissen zum Multimillionär verlief turbulent und kontrovers, zwischen Bewunderung und offenem Hass. Doch selbst das Attentat, das ihn mit 36 Jahren querschnittsgelähmt an den Rollstuhl fesselt, kann seinen revolutionären Kampf für Meinungsfreiheit und Pornografie nicht stoppen. Bis zu seinem Tod wuchs Larry’s Verlagsimperium und vertreibt unter dem Label ‚Hustler‘ aktuell mehr als 20 Männerzeitschriften sowie satirisch pornografische Filmparodien und Bekleidung.
Darüber hinaus war der umstrittene Pornoverleger für seine Spielleidenschaft bekannt und bereits zu Lebzeiten eine berühmte Pokerlegende. Während weniger betuchte Spieleenthusiasten lieber Spielautomaten kostenlos ohne Anmeldung im Casino spielen, setzte sich Larry am liebsten mit den stärksten Gegnern an einen Pokertisch und verlor, ohne mit der Wimper zu zucken, Unsummen. Vor über 20 Jahren stieg Flynt dann selbst in die Glücksspielbranche ein und erwarb zwischenzeitlich zwei eigene Spielcasinos in Las Vegas als erweiternden Geschäftszweig zum Pornoverlag.
57 Jahre Pornos, Turbulenzen und viel Geld
Lawrence Claxton Flynt Jr. wurde auf einer kleinen Farm in Kentucky als erstes von drei Kindern geboren. Nachdem die Schwester Judy bereits in jungen Jahren verstorben war, zerbrach die Familie. Larrys Bruder Jimmy wuchs fortan bei der Großmutter auf und er selbst blieb bei der Mutter. Mithilfe einer gefälschten Geburtsurkunde trat Larry mit fünfzehn Jahren in die US-Armee ein und wechselte ein Jahr später zur Marine.
Chronologie des ‚Hustler‘ Verlegers Larry Flynt:
- Geboren am 1.11.1942 in Lakeville, Salyersville, Kentucky
- 1958-1964 im Militärdienst und bei der US-Marine
- 1964-1970 eröffnen Jimmy und Larry gemeinsam insgesamt acht Stripclubs
- Im Juli 1974 veröffentlichen die Flynt Brüder das erste ‚Hustler‘ Magazin
- 1976 Firmengründung des US-Verlags Larry Flynt Publications (LFP)
- Am 6.3.1978 fallen auf Flynt und dessen Anwalt Schüsse aus dem Hinterhalt
- 1987 ertrinkt Larrys vierte Ehefrau Althea Flynt in der Badewanne
- Seit 1998 in fünfter Ehe mit Elizabeth Berrios verheiratet
- Juni 2000 Eröffnung des Hustler Casinos in Gardena, Los Angeles
- 2014 kommt Tochter Lisa bei einem Autounfall ums Leben
- Juli 2016 Neueröffnung des Lucky Lady Casinos (vormals Normandie Casino)
- Larry Flynt stirbt am 10.2.2021 in Los Angeles, Kalifornien an Herzversagen
Im Prinzip entstand das erste Pornomagazin aus einer qualitativ aufgepeppten Version des kostenlosen Newsletters ‚The Hustler For Today’s Man‘, mit dem die Brüder Larry und Jimmy Flynt für ihre erfolgreiche Stripclubkette warben. Zunächst weigerten sich die meisten Händler jedoch, den Verkauf zu übernehmen. Denn im Vergleich zu den bereits etablierten eher konservativen Konkurrenzmagazinen ‚Playboy‘ von Hugh Hefner und ‚Penthouse‘ von Bob Guccione erscheinen die Inhalte im ‚Hustler‘ Magazin skandalös obszön und schmuddelig vulgär.
Doch Larry setzte sich Zeit seines Lebens mit Enthusiasmus für das Recht auf Pornografie ein und hatte trotz aller Widersacher Erfolg damit. Heute vertreibt das Verlagshaus verschiedene Hochglanzmagazine, die sich auf spezifische Erotikthemen fokussieren. Ferner produziert LFP satirische Pornofilme und erotische Politiksatiren, sowie pornografische Parodien bekannter US-amerikanischer Filme, Serien oder TV-Shows. Darüber hinaus existieren im Internet mehr als 25 ‚Hustler‘ Premiumseiten mit Tausenden Erotikfotos und -szenen.
Gratwanderung eines Revoluzzers in Sachen Erotik
Larry Flynt sah sich selbst als vehementer Kämpfer gegen Zensur und Gerichtssäle bildeten genauso einen fixen Bestandteil seines turbulenten Lebens, wie steigende Umsatzzahlen. Einerseits waren die explizit pornografischen und eindeutigen Bilder religiösen wie feministischen Verbänden ein ständiger Dorn im Auge. Gleichzeitig schossen die Auflagenzahlen auf Spitzenwerte von bis zu drei Millionen Exemplaren. Bald wurde der umstrittene Pornoverleger zur populären Medienlegende und ließ die Kassen der Boulevardpresse klingeln.
Larry Flynts berühmteste Schlagzeilen:
- 1975 – Prekäre Nacktfotos von Jacqueline Kennedy Onassis beim Sonnenbaden.
- 1977 – Wegen Pornografie zu 25 Jahren hinter Gittern verurteilt.
- 1978 – Larry erleidet schwere Schussverletzungen bei einem Attentat.
- 1988 – Klage des TV-Predigers Falwell wird zugunsten Flynts entschieden.
- 2017 – 10 Millionen Dollar Belohnung für kompromittierende Trump Informationen.
Für Flynt gab es kaum Tabus, wenn es um die Veröffentlichung vulgärer Erotikinhalte oder pikanter Papparazzi-Aufnahmen ging. Durch zahlreiche Gerichtsverhandlungen balancierte Larry zwischen Pornografie und Redefreiheit wie auf einem Drahtseil. Einmal landet er sogar kurz im Gefängnis, doch das Urteil wird im folgenden Berufungsverfahren wieder aufgehoben.
Ein jähes Ende droht Larry nach den ersten Publikationen über Sexualität zwischen Weißen und Afroamerikanern, die fürJoseph Paul Franklin ein inakzeptables rotes Tuch darstellen. Am 6. März 1978 lauert der rassistische Fanatiker vor dem Gericht in Lawrenceville auf den Verleger und dessen Anwalt Gene Reeves und schießt auf den verhassten Feind. Larry überlebt zwar den auf ihn verübten Anschlag, bleibt jedoch für den Rest seines Lebens von der Hüfte abwärts gelähmt. Obwohl fortan im Rollstuhl sitzend, veröffentlicht Larry weiterhin immer drastischere und häufig parodistische Sexthemen.
So klagte der Baptistenprediger Jerry Falwell vor Gericht auf Schadenersatz wegen psychischem Stress aufgrund einer 1983 erschienenen Inzestparodie, die den TV-Prediger beim ersten Sex mit seiner Mutter darstellt. Das Gericht entschied zugunsten der Meinungsfreiheit und gegen die vermeintlich psychisch erlittene Schädigung. 2007 erklärte Flynt anlässlich Falwells Tods, dass sich trotz späterfolgenden öffentlichen Debatten über die Jahre hinweg sogar eine Freundschaft zwischen ihm und dem Prediger entwickelt hätte.
Darüber hinaus macht Larry Flynt zeitlebens keinen Hehl aus seiner politisch links orientierten Positionierung. Bereits in den 80er Jahren greift er in seinen ‚Hustler‘ Magazinen die Regierung Roland Reagans öffentlich an, während er in späteren Jahren Bill Clinton unterstützt und 2008 eine Pornosatire auf Sarah Palin erscheint. Zuletzt setzte Flynt in einer Anzeige in der ‚Washington Post‘ eine millionenschwere Belohnung für belastendes Material über Donald Trump aus, um eine Amtsenthebung des damaligen US-Präsidenten zu erreichen.
Oskar Preisträger zollt Larry Flynt Tribut
Selbst aus einfachen Verhältnissen stammend, fokussiert der umstrittene Erotikverleger sein Männermagazin ganz klar auf die Arbeiterklasse. Trotz aller Kritik verfolgt Larry Flynt konsequent seine Ideale und erntet neben Reichtum letztendlich auch Anerkennung. Milos Forman bekannt durch ‚Amadeus‘ und ‚Einer flog über das Kuckucksnest‘, setzte dem ‚Hustler‘ Gründer 1996 in der Verfilmung seines Lebenskampfes ‚Larry Flynt – Die nackte Wahrheit‘ zu Lebzeiten ein Denkmal.
Larry fühlte sich durch die Verfilmung seines turbulenten Karrierewegs überaus geehrt und wirkt sogar in einem kurzen Auftritt als Richter Morrissey mit. 1997 wird Woody Harrelson in der Rolle des Larry Flynt als bester Hauptdarsteller für die Oscar Verleihung nominiert. Im selben Jahr erhält der Film den Goldenen Bären bei der Berlinale.